Samstag, 2. Juni 2018

Meine persönlichste Buchvorstellung: "Vaterspuren" von Sigfrid Gauch, oder das Monster in Jolinas Familie


Dieses Buch liegt schon lange auf dem Stapel der Bücher die ich lesen möchte, immer wieder lege ich es ein paar Bücher weiter nach unten, ich war noch nicht bereit mir das anzutun.

Jetzt habe ich es gelesen und der Verwandte meiner Töchter aus der väterlichen Linie entpuppte sich für mich vom überzeugten Nazi zum Monster. Sein Sohn und der Autor mögen mir diese Wortwahl verzeihen, doch von Kapitel zu Kapitel schaute ich tiefere Abgründe, wie schrecklich muss es sein so einen Menschen zum Vater zu haben und als Vater zu lieben.

Vaterspuren*

von Sigfrid Gauch


Heute hole ich etwas aus, denn dieses Buch hat auch etwas mit mir zu tun, mit der Familie meines Mannes, den Vorfahren meiner Kinder.



Lange vor der Geburt meiner Kinder hatte ich Spaß daran ein bisschen Ahnenforschung zu betreiben, so kommt mein recht seltener Name (Seyler mit ey) von meinen Vorfahren, die nach dem 30jährigen Krieg ins entvölkerte Zweibrücker-Land als Bauern angeworben wurden. Es kamen 3 Brüder namens Seyler mit ihren Herden aus Tirol über die Alpen ins heutige Ostertal. Dort gibt es den Namen Seyler sehr oft, so wie es den Namen Gauch im Geburtsdorf meiner Schwiegermutter in Einöllen sehr oft gibt.

Hier schlägt sich die Brücke zu dem Buch.
Nachdem die Großmutter meines Mannes erfuhr, dass ich "so etwas" mache meinte sie: "Gaache Hermann hod dass a uffgeschribb, mer han glaab noch e Buch defunn"
Ich übersetze mal: Hermann Gauch hat darüber ein Buch geschrieben, welches wir evtl. auch noch hier haben.
Dieses Buch habe ich leider nie bekommen, es blieb verschollen und lange wusste ich auch nicht genau wer dieser Dr. Gauch war, im Dritten Reich haben ja viele Ahnenforschung betrieben, doch mir war nicht klar wie sehr verblendet dieser Mensch war.

Der Autor Sigfrid Gauch ist also der Sohn dieses Hermann Gauch und er arbeitet die Vergangenheit mit seinem Vater und was für ein Mensch sein Vater war. mit diesem Buch auf, sachlich, ohne Hass, aber mir als Leser zerreißt es teilweise das Herz und nein, ich hätte für so einen Vater keinen Finger gerührt, ich habe gelernt Menschen hinter mir zu lassen die mir nicht gut tun und taten.

Dieser Hermann Gauch ist also der Cousin der Großmutter meines Mannes, der Autor der Großcousin meiner Schwiegermutter.
Keine Ahnung wie das in so einem kleinen Dorf im nordpfälzer Bergland ist, von der Rest des Kreises als "Alte Welt" bezeichnet, weil man dort noch lange im Vorgestern lebte - so ein bisschen kann ich dem zustimmen, habe ich ja dort als Banker gearbeitet und über den Tatort Tod im Häcksler konnte ich mich deshalb nur amüsieren.
Ich schweife ab. Was ich sagen will, ist, dass ich meinen Cousins und Cousinen doch recht ähnlich bin und natürlich kommt die Frage auf, wie die Familie meiner Schwiegermutter so drauf war in Sachen Nazi und welche Erziehung muss das sein, die solchen Menschenhass hervorbringt?

Ich sage es jetzt wie es ist Hermann Gauch war ein schlimmer, schlimmer Nazi, das wurde mir durch das Buch erst klar wie schlimm. Als Mutter einer Tochter mit Behinderung ist dies noch schrecklicher als für jeden anderen.
Auf Seite 52 wird der Großvater von Hermann Gauch aus seinen Niederschriften vorgestellt, der UrurGroßvater meines Mannes also: "Mein anderer Großvater, Peter Gauch.....war bis zu seinem Tod eine rüstige, gesunde und kräftige Germanenerscheinung...."
Nun, da habe ich ja Glück, mein Mann hat dunkle Augen und fast schwarze Haare, ein Grund warum dieser Verwandte ihn wahrscheinlich mit dem A.... nicht angeschaut hätte, so wie die Frau des Autors. Die Schwiegertochter war wegen ihrer dunklen Haare nicht willkommen, wie kann man nur so verblendet sein?

Das Buch springt zwischen Aufzeichnungen von Hermann Gauch und Erinerungen von Sigfried Gauch hin und her. Vieles ist einfach Unglaublich, zB die Härte wie der Vater seinen Sohn behandelt hat und von ihm erwartete genau so ehrgeizig zu sein wie er selbst. Der Geiz, wo die Mutter oft kein Geld hatte Essen zu kaufen und der Hass auf alles was jüdisch ist, und noch einen Schritt weiter, alles was nicht blond und artnordisch war.

Die Ahnenforschung ergab, dass die Vorfahren dieser Familie die Grafen von Sponheim waren. Jutta von Sponheim war ja die Erzieherin von Hildegard von Bingen, Wahnsinn, ich habe Bauern aus Tirol als Vorfahren, mein Mann Grafen, wenn auch total unehelich und nicht wirklich mit blauem Blut.

Bei einer Parade in Berlin saß H. Gauchs Mutter neben Rudolf Heß, dem Stellvertreters von Hitler. Dieser Heß saß ganz alleine bis zu seinem Selbstmord im Kriegsverbrechergefängnis in Berlin, das erst nach seinem Tod abgerissen wurde.

H. Gauch war der Adjutant Himmlers und verfasste Bücher und Schriften, die zu meinem Entsetzen in bestimmten braunen Kreisen immer noch verbreitet werden.
Er ist maßgeblich für die Theorie vom "Untermenschen" verantwortlich und trägt für weitere Verbrechen die Verantwortung

S. 187 "...Auch wenn er sich damit brüstete, dass in seinem Rassebuch kein einziges Mal das Wort Jude vorkomme, war dies doch eine der Grundlagen für den ganzen Vernichtungswahn..."

Er glaubte wirklich, dass junge germanische Männer, die dunkeläugigen Mädchen verfallen verunreinigt sind und zur Germanenzeugung nicht mehr taugen.

Ich weiß oft nicht ob ich Mitleid oder Hass empfinden soll, wie krank kann man im Kopf sein und so überzeugt von sich?

Als Gauch mit seinem Regiment in Ostpolen war fotografierte er blonde Kinder mit blauen Augen und schickte Himmler diese Bilder an seine Privatadresse und daraus entstand eine große Verschleppungsaktion dieser Kinder, die dem slawischen Einfluss entzogen werden sollten und in Deutschland erzogen wurden.

Das Grauen das ich in diesem Buch fand war größer als alles was ich mir vorstellen konnte und dieser Mensch ist jeder Strafe entgangen, da er ja "nur" Schreibtischmörder war.

Dieser kranke Kopf hat sich diese Ideen ausgedacht, denen heute noch viele Menschen nachstreben.
Ich habe zum Glück nichts in dem Buch gefunden über die Vernichtung und die Versuche an Behinderten, das war wohl (hoffentlich) keines seiner Steckenpferde.

Ich hoffe der Autor, mit dem ich vor Jahren wegen meiner Ahnenforschung Kontakt hatte, ist mir mit der Sicht auf seinen Vater nicht böse, doch Monster haben kein Zottelfell und spitze Zähne und Klauen, sondern sind solche Leute wie Herman Gauch, die böse Gedanken in Köpfe pflanzen und selbst nur böse Gedanken haben.

Das Buch ist in Israel auch sehr hoch angesehen und wer gerne in Abgründe schauen möchte, der kann es hier* bestellen.

Ich habe noch weitere schwere Kost auf meinem Stapel, doch brauche ich ein bisschen, bis ich mir das nächste Buch antun kann, denn es zieht mich nach unten, macht mir Angst und ich weiß, nicht alle sind so aufgeklärt wie ich mir das wünschen würde, man kann auch sagen, die braune Welle schwappt gerade wieder über Deutschland und Gedanken dieses Menschen leben weiter und weiter.....wäre er doch in diesem Kaff in der Norpfalz geblieben und wäre Bauer geworden, er hätte nur dort sein Umfeld mit seinen Ideen vollblubbern können, so wie es viele alte Männer in meiner Kindheit taten, die den NPD-Aufkleber auf ihrem Traktor hatten, doch dieses Böse zog aus in die Welt und hat sie ein bisschen schlechter gemacht.

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