Donnerstag, 22. November 2018

Gastautor Nicolas (16): "Ich bin kein Schattenkind!!!"

Foto: privat

Die Miniserie "Schattenkinder" geht in die nächste Runde.

Ich freue mich ganz besonders auch einen Beitrag veröffentlichen zu dürfen von einem "Schattenkind", oder eben gerade nicht, das noch mitten drin steckt und gerade im Moment genau erzählen kann, wie es sich anfühlt mit behinderten Geschwistern.




Ich bin kein Schattenkind!!!


Hallo, mein Name ist Nicolas, ich bin 16 Jahre alt, gehe in die 10 Klasse aufs Gymnasium und bin ein sogenanntes Schattenkind. Denn ich haben zwei Geschwister mit Behinderung. 

Meine große Schwester Sophia (18) kam mit dem Treacher Collins Syndrom zur Welt und mein kleiner Bruder Linus (6) mit dem Down Syndrom (Trisomie 21) und einem Herzfehler.

Es gibt viele Menschen, die sagen, dass Kinder, die mit behinderten Geschwistern aufwachsen Schattenkinder sind.

Foto: privat

Aber was sind Schattenkinder überhaupt?

Wikipedia schreibt dazu folgendes:
Als Schattenkinder werden in der Umgangssprache Kinder bezeichnet, die aus unterschiedlichen Gründen weniger Aufmerksamkeit bekommen, als ihnen üblicherweise zu teil werden sollte. Dies können beispielsweise Kinder sein, die einen Bruder beziehungsweise eine Schwester mit einer Behinderung oder einer chronischen Erkrankung haben und deren Bedürfnisse – insbesondere im Familienleben – durch die Brüder sowie/oder Schwestern, die oftmals viel mehr Aufmerksamkeit und Pflege von den Eltern benötigen, häufig weniger wahrgenommen sowie befriedigt werden.

Ich kann euch eines versichern: Ich bin definitiv kein Schattenkind. 

Denn ich werde oder wurde bis heute weder von meinen Eltern vernachlässigt, noch wurde ich nicht beachtet. Im Gegenteil. 
Klar mussten wir in der Zeit in der mein kleiner Bruder seine Herz OP hatte zurückstecken, aber hey, da ging es doch um die Gesundheit eines kleinen Babys und meine Schwester und ich waren da schon so alt, dass wir das natürlich verstanden haben. Und glaubt mal nicht, dass wir nicht weniger Angst um unseren Bruder hatten als meine Eltern. 

Foto: privat

Aber die Zeit ging rum und heute geht’s dem Zwerg gut. Wir halten gemeinsam unsere Eltern ordentlich auf Trab und denken uns auch gemeinsam ziemlich viel Blödsinn aus. Für den wir dann auch gemeinsam den Ärger kassieren. 
Meine Eltern machen da keine Unterschiede bei ihren Kindern. Es ist egal, ob der eine ein Chromosom zu viel hat oder die andere schwerhörig ist. Oder eben einen gesunden Chromosomensatz hat, so wie ich. Wer was angestellt hat, der muss auch dafür geradestehen. 

Genauso kümmern sie sich aber auch darum, wenn einer von uns in der Schule mal schlechte Noten schreibt oder mit den Lehrern Stress hat. Da wird sich für mich genauso eingesetzt wie für meine Geschwister. 

Bei meinen Hobbys werde ich ebenso unterstützt wie die beiden anderen. Meine Mama fährt mich auch gerne mal zusammen mit meiner Tischtennismannschaft durch den halben Landkreis zu einem Spiel. Und sieht mir bei den Spielen zu wann immer sie Zeit hat. Dann schaut sie, dass jemand zuhause nach meinem kleinen Bruder guckt, damit sie ganz für mich da sein kann. Meine Eltern hören mir zu, wann immer ich was zu erzählen habe. Und glaubt mir, ich hab ganz schön viel zu erzählen. 

Foto: Jenny Klestil

Aber im Schatten meiner beiden Geschwister steh ich ganz klar nicht. Meine Eltern haben mich genauso lieb wie meine Geschwister und bei uns gibt es keine Sonderbehandlung, weil man eine Behinderung hat. 

Hier werden alle gleich normal behandelt. 

Eben wie in jeder anderen „normalen“ Familie auch.

Eines möchte ich aber noch los werden: Ich mag Leute nicht, die sagen, dass Menschen mit Behinderung kein Recht auf Leben haben (ja ich weiß, dass 90% der Kinder mit Down Syndrom abgetrieben werden), weil sie zum Beispiel dem Staat sonst auf der Tasche liegen und der Gesellschaft nichts zu geben haben. 

Das ist doch gar nicht wahr. 

Diese Menschen haben so viel zu geben und wir können noch so viel von ihnen lernen. Und es ist so viel einfacher und angenehmer mit Menschen mit Behinderung zusammenzuleben, als mit Leuten die solche dummen Dinge sagen.

Ich liebe meine Geschwister so wie sie sind und will sie gar nicht anders haben. Und ich schätze mal umgekehrt ist das genauso.
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit und dass ihr es wirklich bis hier hin geschafft habt.

Liebe Grüße
Nicolas


Foto: privat

Danke Nicolas, ich glaube alle haben es bis hier hin geschafft, denn dein Text macht Mut.

Mut keiner dieser 90% zu sein, weil Kinder mit Behinderung eine Bereicherung in der Familie sind.
Mut es als Eltern einfach zu wagen alle gleich zu behandeln, wer braucht schon Extrawürste?
Mut zu sagen, "Ja ich habe behinderte Geschwister und das ist total normal"

Ich sage danke, dass ich den Text und die Bilder veröffentlichen durfte und meine Leser ein anderes Bild bekommen, als die Beschreibung in Wiki.

Alle Schattenkinder-Beiträge findet man hier: klick.

8 Kommentare:

  1. Danke. Ein toller Bericht. Ein toller Bruder und eine tolle Familie <3

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  2. Hallo Nicolas, das hast du toll geschrieben..ihr drei könnt wirklich stolz aufeinander sein. Ihr seid ein tolles Team ;-)

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  3. Nicolas ist ein Klasse Junge,wie seine Geschwister und den tollen Eltern.
    Nicolas das hast du so toll geschrieben , ein riesen Kompliment an dich. ❤️

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  4. Einfach nur schön! Danke, Nicolas!

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  5. Sehr schön! Danke für diese Sichtweise auf die Meinung der Menschen, die es nicht besser wissen, weil ihnen die Erfahrung fehlt und sie in der Regel von Mitgefühl (falschem) und vielleicht auch eigener Angst geleitet sind. Behinderung ist kein Grund für Leid im Familien. Die Shirts finde ich ganz toll und die Botschaft auch! Speziell sind alle Menschen - individuell �� eben.

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  6. Ich bin gerührt und würde mal sagen ihr drei seid sehr weit für euer Alter.., hochentwickelt sozusagen.. streut eure Message in die Welt hinaus und ihr wisst ja: jeder ist anders und alle sind wertvoll!

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  7. Danke, ihr seid so, wie es überall sein sollte. Voller Liebe und Wertschätzung! Beneidenswert, wie ich finde. Ich wünsche euch alles Liebe!!!

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  8. Danke Nicolas, mich hat der Text sehr berührt. Ich habe leider kaum Begegnungen mit Menschen mit Behinderung.

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