Dienstag, 16. Oktober 2018

Der Löwenladen


Bevor ich über den Löwenladen etwas sagen will erzähle ich euch eine Geschichte aus meiner Kindheit.

Ich weiß nicht wie alt ich war, vielleicht 8 oder 9 Jahre alt, es war normal für mich von Bücher umgeben zu sein. Ich liebte meine Bücher und mit einem Buch als Geschenk konnte man mir echt eine Freude machen.
So füllten sich meine Regale schnell, so voll wie die Regale meiner Eltern waren. Mein Vater war zwar "nur" Handwerker, trotzdem halfen mir seine Bücher extrem weiter als wir in Englisch "Der alte Mann und das Meer" im Original lesen mussten, denn ich hatte ja in irgendwelchen langweiligen Ferien die ganzen Bücher meiner Eltern gelesen und darunter das Buch, das mich sehr gefesselt hatte, eben der alte Mann und das Meer.



Es ist für mich undenkbar gewesen, dass es Familien gibt in den man keine Bücher besitzt.

Zurück also zu dem Tag als meine Mutter Besuch von einer ihrer Schulkameradinnen aus der kleinen Dorfschule hatte in die sie und mein Vater gegangen waren, alle Kinder in einem Raum mit einem Lehrer, so war das damals....

Dieser Besuch brachte seine beiden Töchter mit, ungefähr mein Alter und mit der Jüngeren versuchte ich also ein bisschen "warm" zu werden.
Ich stieß sehr schnell an meine Grenzen, dieses Schulkind kannte nicht mal die Wochentage, die ich dann mit ihr einpaukte, keine Ahnung was mich da geritten hat, es war einfach unbegreiflich für mich, dass ein Kind das nicht wissen konnte.
Als sie gingen wusste dieses Kind immer noch nicht warum man die Tage überhaupt benennen müsste.

Wir saßen damals auf dem Boden vor unserem Bücherregal und sie schaute staunend darauf "Sooooo viele Bücher", und dann kam die Aussage die mich damals so tief erschütterte "Ich habe auch ein Buch."

EIN Buch, sie hatte wirklich nur ein einziges Buch und das war ihre Fibel aus der Schule.
Auch ihre Eltern hatten keine Bücher..... Ich war nur geschockt.

Heute weiß ich, dass die Mutter dieses Mädchen irgend eine geistige Behinderung hat, welche weiß ich nicht, früher sagte man "Sie ist dumm, furchtbar dumm"
Ich muss dazu sagen, ich bin 50, das ist lange her und vieles wusste man nicht, für vieles hatte man noch keinen Namen.
Aus Erzählungen weiß ich, dass man diese Frau (in den 50er Jahren) zwangssterilieren wollte, doch ihre Mutter erfolgreich dagegen gekämpft hat. Es ist auch so, dass sie eine gute, liebevolle Mutter ist,doch eines kann sie leider nicht vermitteln, Wissen.

Schon sehr früh habe ich gesehen, dass Kinder aus Familien, die nicht für Bildung und Bücher sorgen, ebenfalls in diese Spirale geraten.

Für mich selbst war es ganz schlimm, dass Jolina sehr lange gar kein Interesse an Büchern und Vorlesen hatte, doch auch das hat sich geändert.
Unser Haus ist ein Haus voller Bücher über alle möglichen Themen und deshalb gibt es von mir auch immer Buch-Rezensionen, denn ein Blog über unsere Familie ohne Bücher würde uns nicht gerecht.


Und jetzt die Kurve bekommen und mit Vollgas nach Berlin.

Als Blogger wird man immer wieder angeschrieben ob man nicht über dies oder das schreiben möchte. Meist lehne ich dankend ab, weil es nicht passt.

Das Anschreiben über den Löwenladen erreichte mich im Juli, Sommerferien, Urlaubszeit, Chaoszeit, doch das Konzept fand ich gut.

Im Juli schaffte ich gar nichts, doch ich fand diese Idee so gut, dass ich versprach, darüber muss ich einfach schreiben, weil es so wichtig ist.

Den Löwenladen in Marzahn-Hellersdorf gibt es also seit Juli 2018 durch Librileo.


Über Librileo

Librileo ist ein gemeinnütziges Unternehmen im Herzen von Berlin, gegründet Ende 2014. Rund 2 Mio Kinder in Deutschland leben in Familien in schwierigen Lebenslagen. Kinder aus diesen Verhältnissen haben es auf Grund fehlender Lese- und Lernkompetenzen häufig schwer in ihrem Leben als Jugendliche oder Erwachsene. Folgen davon sind ein höheres Krankheitsrisiko, Erwerbslosigkeit und eine höhere Wahrscheinlichkeit kriminell zu werden.
Librileo gemeinnützig ist ein Leseförderprogramm für die Frühförderung von Kindern zwischen 0 und 6 Jahren aus sozial schwachen Familien. Das Ziel von Librileo gemeinnützig ist es, dass jedes Kind in Deutschland Zugang zu Büchern und damit gute Bildungschancen und eine erfolgreiche Zukunft erhält. Mithilfe des Bildungs- und Teilhabepakets (BuT) erhalten Eltern eine kostenlose Mitgliedschaft und empfangen dann viermal im Jahr eine Bücherbox von Librileo, die auf die Entwicklungsphase des Kindes abgestimmt ist und altersgerechte Bildungsimpulse gibt. Auf diese Weise sollen Kinder, die in einem schwierigen Umfeld aufwachsen, dennoch früh Zugang zu Bildung erhalten.

Auch bei uns wird sich stark gemacht für mehr lesen, so kam Jolina zB mit einem Buch aus der Schule nach Hause, das sie wohl auch gemeinsam gelesen haben, gestiftet vom Rotary Club.
Ich habe die Geschichte aus meiner Kindheit nicht vergessen, hielt sie aber sehr lange für einen Einzelfall, lebe ich doch in meiner glitzernden Blase in der Bildung normal ist wie atmen.
Zwar mal mehr oder weniger, doch die absolute Ahnungslosigkeit kenne ich nur aus RTL2 ;-)

Klar ist eine Spielekonsole ein cooleres Geschenk als ein Buch, doch ich mache gerne uncoole Geschenke.
Es werden, wie ich gesehen habe, neue Orte in anderen Städten gesucht, dass dort nach Vorbild des Löwenladens etwas Wertvolles geschaffen wird, nämlich tolle kleine Menschen, vielleicht kennt ihr ja jemanden, der jemanden kennt der da Interesse dran hätte.

Ich kennzeichne diesen Artikel nicht als Werbung, denn 1. habe ich kein Geld dafür erhalten und 2. ist dieser Blogartikel ein redaktioneller Beitrag.

1 Kommentar:

  1. Danke, für diesen lieben Beitrag über unseren Löwenladen

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