Samstag, 22. Dezember 2018

Buchvorstellung: Lebenskind von Elisabeth Haselmeyer

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Diese Rezension fällt mir nicht wirklich leicht, denn natürlich möchte ich die Autorin nicht verletzen und den Verlag verärgern.Zudem geht es um eine Tochter mit Down Syndrom, mein Herzensthema.

Ich schreibe wie immer meine Sicht und die muss nicht dem Geschmack der Allgemeinheit entsprechen und auch wenn ich ein Buch als Belegexemplar erhalte schreibe ich nicht wie supi ich es finde, nur, weil man sich das von mir erhofft.

Heute also eine Bauchwehrezension, die ein kleiner Eiertanz wird zu:

Lebenskind*

von Elisabeth Haselmeyer
"Manche Menschen haben Lebenspartner, einen Gefährten,eventuell einen Lebensmenschen …Aber manchmal, wenn die Sterne ganz besonders zueinanderstehen, schenkt der liebe Gott einer Mutter …. ein „Lebenskind“."


Ich muss gestehen, am Anfang habe ich diese Textpassage nicht verstanden, vielleicht weil ich ihn nicht verstehen wollte.
Er bedeutet ganz genau das was da steht, die Autorin hat keinen Partner mit dem sie ihr Leben verbringt, sondern dafür ein Kind, mit dem sie ihr Leben teilt.

Wie absolut schrecklich denke ich, ein Kind hat doch sein eigenes Leben und das muss man ihm zugestehen und es stärken.
Mir kommen Bilder in den Kopf wie früher Menschen mit Down Syndrom in der Stadt zu sehen waren, meist an der Hand von Mama, nie wirklich erwachsen geworden und nicht eigenständig.
Für diese armen "Kinder" ist es immer ein Horror wenn die Eltern sterben und sie selbst nicht mehr jung plötzlich in ein Heim ziehen müssen, für Wohngemeinschaften taugen diese Menschen meist nicht mehr.
Natürlich möchte ich auch so lange für meine Kinder da sein, übrigens für beide, doch auch beide sollen ihr Leben führen und da gehört auch dazu irgendwann mal dem Elternhaus den Rücken zu kehren und sein Ding zu machen.

Fangen wir aber mal wirklich an.

Das Format, ihr seht es auf dem Bild, ist etwas merkwürdig. Hat etwas von Kinderbuch.

Der erste Stolperstein kam bereits im ersten Satz.
Ich wusste, es ist ein Buch, geschrieben von einer Mutter eines Kindes mit Down Syndrom, doch es begann mit: "Natürlich wusste Liz, dass...."

Ich konnte nicht weiterlesen und fing an zu blättern. Wieso Liz? Wer ist jetzt Liz und wer ist dann die Autorin?
Also Liz ist wirklich die Autorin, die von sich selbst das ganze Buch über in der dritten Person spricht.
Damit komme ich ja gar nicht klar, im übrigen ist es auch total unnahbar dadurch und hat so ein bisschen was von gespaltener Persönlichkeit.

Würdet ihr meinen Blog lesen wenn da stehen würde: "Martina war müde und machte sich erst mal Kaffee, sie mochte das besonders..." Mich schüttelts, sorry.

Die Autorin hat also diesen Stil für sich in Anspruch genommen und fühlt sich wohl damit, ich nicht, das ist eben so ne Geschmackssache, trotzdem, Nähe baut es nicht auf.
Dabei habe ich bei meiner Recherche über das Buch auch Videos gefunden in denen sie meint, es gäbe ja gar keine Mut machende Bücher über Down Syndrom und das wolle sie schreiben.
Ich finde es gibt einige Bücher die Mut machen, dieses hier eher nicht, es schürt eher Ängste "Was, mein Kind wird mit 37 noch zu Hause wohnen? Ac du Sch...!"

Die Kapitel sind genau das was sie wirklich waren. Kurze Erinnerungsfetzen, die der Autorin in der Silvesternacht im Krankenhaus am Bett ihrer Tochter kamen.
Nur kurz angerissene Geschichten, leider meist ohne Mehrwert für den Leser, sondern nur kurz erzählt über eine, manchmal 1,5 Seiten.

Besonders aufgeregt habe ich mich über die kurze Erklärung über Inklusion in der Schule. Zudem ist das "Kind" 37, wer sich mit dem Wissen ein Urteil über das heutige Schulsystem anmaßt ist wirklich anmaßend.
"...Kinder mit Handicap brauchen diese spezielle Betreuung in einer kleinen Gruppe an einer Sonderschule. Unbedingt!.."
Und dann noch ein Ausrufezeichen.... pffft, denke ich, klar, wenn man sein Kind gerne auf absolute Abhängigkeit und einen Sonderstatus vorbereiten will, dann steht man auch auf Sonderschulen.
Ich bin nicht gegen Sonderschulen und nach der Grundschule wird das wohl auch unser wert, doch ich bin nicht der Meinung, dass dies Unbedingt! ach der weg anderer Kinder sein muss, die sich viel besser entwickeln als meine Tochter.
Angeblich ist Kathi, die übrigens Karin heißt, so super und kann bei Schuleintritt schon lesen, nun ja, jeder wie er will, aber bitte keine Ratschläge an andere mit Ausrufezeichen, besonders wenn die Schulzeit des Kindes 20 Jahre zurückliegt!!! (die musste ich jetzt einfach setzten ;-) )

Ich bin übrigens ziemlich sicher, dass das Buch keinen Lektor hatte, oder einen der nicht wirklich gut aufpasst, denn einmal steht da was von Karin. Hätte ich nicht vorher über das Buch recherchiert, würde ich mich wundern wer Karin ist, ich komme von Karin nicht auf Kathi, oder umgekehrt.

Ein weiterer Punkt der mich stört ist die ständige Glorifizierung der Tochter mit Down Syndrom. Man bekommt wirklich den Eindruck, dass dieser Tochter die Sonne aus dem A... scheint und Sonnenscheinkinder finde ich ja sowieso ganz schlimm.
Wer glaubt denn allen Ernstes, dass es Menschen gibt die nie mal schlechte Tage haben?
Höchstens solche, die keine Ahnung vom Down Syndrom haben.
Mich würde das eher abschrecken, das ist doch nicht normal sowas, also ehrlich, was bin ich froh, dass mein Sonnenscheinkind ganz oft übelst gewittert.

Und dann ist da noch der ständige Ausdruck "Lieblingskind", armer Sohn Alexander, sie schreibt ja mal in einem Nebensatz, dass sie ihn auch liebt, doch Kathi ist eben das "Lieblingskind" für das sie sich auch unendlich aufopfert und alles tut. Ich frage mich erneut, wo macht das Mut? Hilfe!!!!
Der Junge war wohl wirklich ein Schattenkind.

Das was dieses Buch ist, ist eine Liebeserklärung ans eigene Kind und würde vielleicht auch von den Texten noch zu einem Blog ausreichen, von einem Buch erwarte ich aber mehr als die kurze Erwähnung von verschiedenen Episoden des Lebens, für die Autorin in der Erinnerung vielleicht ganz witzig, durch ihren Schreibstil für mich eher auf halber Strecke stehen gelassen.

Jetzt habe ich es also getan, meinen Frust, den ich beim Lesen hatte hier raus gelassen.
Das Ganze fing ja schon merkwürdig an.
Ein DIN A4  Umschlag mit der Post aus Österreich mit der Anfrage einer Rezension.
Die Briefmarke hätte man sich sparen können, ich schreibe NUR online, somit kann man mir gerne eine kostenlose E-Mail senden, anstatt mit schon als Anfrage einen Brief mit Marke zu schicken. Vielmehr sind manche so mutig und schicken mir ohne Anfrage Bücher und ich bin meist so nett und schreibe auch darüber, steuerlich für mich übrigens ein Minusgeschäft.

Man hat sich von mir sicher viel versprochen, jemand der Bücher rezensiert und auch noch über Down Syndrom schreibt, eigentlich passt das ja wie Faust aufs Auge, auch dass ich schon etwas älter bin, doch es tut mir leid, es passt so gar nicht und guten Gewissens kann ich das Buch nicht empfehlen.

Ich finde man muss sich ein eigenes Bild darüber machen und sicher gibt es Leute die das Buch großartig finden.

Man hat mich ja auch schon gefragt wann mein Buch kommt.
Schon als 12 jährige habe ich Bücher geschrieben, die habe ich sogar noch, und ich würde wirklich gerne Autorin sein, doch ich bleibe beim bloggen, da habe ich mich eingerichtet und ich muss nicht noch eine Bloggerin sein, die auch noch ein Buch raus bringt und nichts mehr im Blog schreibt das keine Miete zahlt.

Liebe Frau Haselmeyer, es tut mir leid, aber genau gegen diese Art von Leben kämpfe ich eigentlich jeden Tag an.
Mein Kind ist sicher nicht als Lebenspartner seiner Mutter geeignet und ich wünsche ihr mal eine Partnerschaft auf Augenhöhe. Loslassen können ist eine Kunst und natürlich auch Arbeit, doch ich finde es bewundernswerter, wenn man sein behindertes Kind ziehen lässt, als wenn man sich noch als Begleitperson im Krankenhaus neben die 37 jährige Tochter legt, als wäre sie ein Kleinkind.

Auch kurz vor Weihnachten bleibe ich die, die Klartext spricht, das kann man mögen, oder sein lassen, ich bin in einem Alter wo man da drüber steht.
Mehr ungeschöntes Leben ohne Glitzer, höchstens im Gesichtsfilter, gibt es in meinen Instastorys.




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Das Buch wurde mir zur Rezension überlassen, dadurch wurde dieser Bericht nicht beeinflusst und ich schreibe wie gewohnt 100% meine Meinung

8 Kommentare:

  1. Respekt für deine sehr ehrliche und offene Rezension. Ich kaufe oft Bücher, welche du und deine "Bloggerkolleginnen" rezensieren. Allerdings auch nur die Bücher, welche von euch eine positive Rezension erhalten haben. Und ich lag mit diesen Kaufentscheidungen noch nie falsch. Ich bin sehr froh, auf meiner Suche nach neuen Anregungen und "Mutmacherbüchern für Eltern besonderer Kinder" auf deinen Blog und deine schonungslose Offenheit zu treffen. Die Wahrheit tut weh, tut aber gut! Danke!

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    1. Dankeschön, das tut richtig gut <3
      Ja, ich versuche immer ehrlich zu schreiben, wobei gerade auch bei Büchern der Geschmack ja auch eine Riesenbandbreite hat, deshalb schreibe ich auch immer "MIR" gefällt etwas, oder eben nicht, das heißt aber noch lange nicht, dass es andere ganz anders empfinden, zum Glück sind wir alle verschieden.

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  2. Ja. Ganz schön hart, die Beurteilung des Buches...aber ehrlich!
    Danke!
    Frohe Weihnachten und einen guten Start ins neue Jahr wünscht euch Gabi

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    1. Hart aber gerecht, das ist so ein bisschen meine Art.
      Auch für dich wundervolle Festtage
      Martina

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  3. Deine Offenheit ist super �� ich sehe es so...ob Kinder in den Augen anderer "anders" sind oder nicht...sie sollten nicht darin bestärkt werden so zu bleiben wie sie sind...sondern ihnen mut machen etwas zu versuchen.ich hoffe du weißt wie ich das meine. �� Vorallem schreibst du ja, dass es ihr lieblingskind sei...es ist gruselig...man gibt für alle Kinder alles..ob so oder so..kinder brauchen liebe gleichermaßen egal wie sie sind.ich hoffe es kommt jetzt so rüber wie ich es meine ��

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    1. Für mich kommt es so rüber wie du denkst :-)
      Und eine Szene wäre zB bei mir anders passiert. Kathi wollte immer in die Disco, also ging die Mutter jede Woche mit ihr hin, extra früh, damit sie noch einen Sitzplatz bekam.
      In einer funktionierenden Familie, in der jeder gleichberechtigt ist, da wird wohl der Bruder ab und zu mit der Schwester in die Disco gehen, oder ich pers. würde mir hier eine junge Betreuung dafür bezahlen. Die Geschichten sagen so viel über die Mutter aus und du hast Recht, das ist sehr gruselig.

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  4. Hallo Martina,
    ich hoffe Du liest das noch, auch wenn Dein Post schon so lange zurück liegt. Ich bin auf Deinen Artikel über googeln von "Trisomie21 glorifizierung" gekommen. Mir ist dieses Phänomen nämlich zunehmend über die Lebensjahre aufgefallen und im Prinzip findet man nichts hierzu außer Nazi Nazi Nazi. Ich bin selbst erwachsener Bruder von meinem Bruder mit Behinderung. Und auch wenn man viele schöne Stunden hatte und sieht das dieser irgendwann (einigermaßen) Selbstsständig wurde, kommt bei mir doch immer wieder das Gefühl von Verlust, Reue und Wehmut auf. Ein wenig wie geraubte Kindheit. Denn es ist eben doch kein normales Geschwisterleben oder Familienleben. Und es ist denke ich auch fast ein Automatismus, wie die "Kathi" beschrieben hat, das gesunde Kind stark zu vernachlässigen. Später dann in einer medizinischen Ausbildung, kam das Thema dann auch dran und dies auch durchaus kritisch. Trotz allem Internet fällt es mir dennoch schwer mich hier auszutauschen, weil wo man klickt nur alles toll, machbar und ohne Leid ist. Alles Vorzeigefälle und Vorzeigefamilien (oft mir sehr viel Geld im Hintergrund d.h. Maximalversorgung) die wie eine Ohrfeige für die eigene Geschichte wirken. Wer Glück erfährt, dem sei es gegönnt. Ohne Frage. Aber ich will - sogar mal sehr - in Frage stellen, dass dies die Mehrheit so empfindet. Es ist auch gut das es Förderung gibt. Aber ich bin mitterweile sogar auf dem Standpunkt, dass gesunde Kinder / Geschwister, als solchen "defekten" Familien mit Behinderungshintergrund herausgenommen werden sollten. Wenigstens das Angebot bekommen. Ich hatte persönlich sehr viele Tagesmütter in jungen Jahren. Richtig schlecht ging es mir aber erst mit 8 Jahren, als ich wieder in meine dysfunktionale Familie hinein zurück geworfen wurde. Vernachlässigung, fehlende Kommunikation und Bevorzugung des behinderten Bruders wurden so Alltag. Freue mich Deine Gedanken hierzu zu hören.
    Liebe Grüße

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    1. Darüber habe ich schon öfter geschrieben. Der Grund für "Schattenkinder" sind nie die behinderten Geschwister, sondern immer die Eltern. Ungerechte Eltern gibt es auch ohne Behinderung, zB wird das Mädchen vergöttert, der Sohn nicht, oder umgekehrt.
      Ich sehe hier auch keine Unterschiede bei finanziellem Hintergrund, oder Bildung. Es passiert überall.

      Mit der Glorifizierung und der Verniedlichung komme ich mit der Zeit immer weniger zurecht.
      Wenn in meiner Gruppe etwas gefragt wird wie "Wie ist das bei euren Sonnenscheinen...?" oder "Eure Schätze" Es sind Kinder, Töchter, Söhne, auch mal Enkel, fertig. Ich kann dieses süßliche Gesülze nicht ertragen, ich bin eben ein Mensch der Klartext redet und mag und diese Selbstbeweihräucherung des eigenen Kindes ist in Wirklichkeit das Verbergen, dass man selbst nicht damit zurecht kommt. Es gibt ja auch Eltern die sagen: "Mein Kind ist NICHT behindert!", okay, dann aber bitte auch Verzicht auf Hilfsmittel, Pflegegeld und Behindertenausweis.

      Meine Große steht nicht im Schatten, eher das Gegenteil, auch wenn es online anders aussieht, doch das ist ihr eigener Wunsch und auch nicht das Thema das ich bediene.

      Down-Syndrom ist eine Behinderung mit der man sehr gut und glücklich leben kann, die kein Grund zur Abtreibung ist, oder Familien zerstört.

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