Montag, 7. August 2017

High Need, das neues ADHS?

Eigentlich wollte ich darüber gar nichts schreiben, doch ich habe heute eine facebook-Post los gelassen in dem ich mal ein bisschen rausgerotzt habe, was mich schon länger wundert und heute habe ich einen Post gesehen, der hat mich dann überfließen lassen.

Also, es gibt High Need Kinder, die gab es wohl schon immer, nur der Begriff ist neu.
Konnte ich bis zu meiner ersten Begegnung mit einem solchen Kind nicht glauben, dass es so etwas wirklich gibt, man hat ja schnell mal Vorurteile wie "Boah, total verweichlicht." oder "Überbemuttert".
Ist wohl wie wir auch mit Vorurteilen zu kämpfen haben, "das ewig fröhliche Kind", oder "die lernt nie was".

Ich glaube keiner ist frei von Vorurteilen, nun ja, gut, wenn man wenigstens einsieht, dass man die hat.
Zurück zu High Need.
Die liebe Frida Mercury von 2KindChaos hat das mal super erklärt.
Einige Punkte passen auch zu meiner Großen, andere aber so gar nicht, also würde ich nie, nie, nie behaupten, dass sie ein High Need Baby war.

Mein genervt Post kam nachdem ich einen Post einer Mutter gelesen hatte (Mimimimi) und ca. 10 Mütter antworteten, sie könnten ja soooo gut verstehen, sie hätten ja auch ein High Need Kind, sie hätten nach den Kriterien geschaut und 2 träfen total zu.
2? In Worte: ZWEI??????
Das wäre ja fast als hätte jeder Down Syndrom mit schrägen Lidachsen und laxen Bändern.

Gefühlt schreibt zur Zeit jeder zweite Elternblog von seinen High Need Kindern.

Wer leidet darunter? Die mit den echten Kindern, die etwas andere Bedürfnisse haben.

Es gab mal ne Zeit, da hat plötzlich jeder 3. ein Kind mit ADHS, war ja auch einfach so etwas vorzuschieben. Am Ende hat man es die Eltern von "echten" ADHS Kindern nur noch belächelt und dazu noch verurteilt, wenn sie aus lauter Hilflosigkeit Medikamente gaben.

Am liebsten hätte ich nach einer Weile meinen facebookpost wieder gelöscht, doch löschen finde ich nach wie vor doof.
Was passierte ist aber, dass es einfach belächelt wurde, viele kannten es auch nicht und genau das passiert jetzt nämlich und ich doofe Nuss leiste dem auch noch Vorschub, die wirklichen High Need Kinder werden jetzt in den Topf mit den Kindern geworfen, die nicht wirklich alle Punkte der Checkliste erfüllen sonder nur 2 oder 3.

Ich werde demnächst wieder Besuch eines High Need Kindes bekommen und ich muss sagen, ich habe total viel Angst etwas falsch zu machen und meine Töchter sind ja jetzt auch nicht gerade die sanften Lämmer. Ich bin so zarte Wesen nicht gewöhnt.

Ich möchte aber allen Müttern sagen, versucht doch euer Kind als das zu sehen was es ist, ein Kind mit Bedürfnissen, aber vor allem ein Kind, euer Kind. Ihr müsst nicht in den Krümeln suchen, ob es nicht vielleicht "besonders" ist.
Viele würden behaupten, dass mein Kind "besonders" oder "anders" ist und ich kämpfe jeden Tag dafür, dass man sie eben als ganz "normal" betrachtet.

Jeder hat doch seine Macken und es geht sich doch auch viel besser später durchs Leben, wenn man nicht denkt etwas ganz besonderes zu sein, sondern einer von vielen, einer zu denen man gehört und die so sind wie man selbst.

Besonders schlau
Besonders schön
Besonders groß
Besonders klein
Besonders sportlich
Besonders anhänglich
Besonders vorsichtig
Besonders Besonders Besonders

Nein!
Jeder von uns ist irgendwie etwas besonderes und daran ist nichts besonderes.

Es ist okay über die Kinder zu jammern, mal durch zu hängen, auf dem Zahnfleisch zu gehen, wir sind Mütter, das ist so.

Sagt es doch so wie es ist "Mein Kind ist zur Zeit mega anstrengend"
Aber drückt keinen Stempel auf, den es dann sein Leben mit sich trägt, weil Mama hat es ja so gesagt.
(Kinder hören mehr als ihr denkt, Kinder fühlen Dinge besser als Erwachsene, sie haben feine Antennen. Sagt ihnen, dass sie toll sind, wie sie sind, dass sie total normal sind, denn NORMALITÄT braucht unsere Welt ganz dringend.)

Ich wünsche allen Eltern Kraft und starke Nerven, ein bisschen mehr Schlaf und eine Dosis Gelassenheit. Wer verzweifelt versucht immer alles richtig zu machen, macht am Ende doch Fehler, das Bauchgefühl ist meist richtig beim Umgang mit den Kindern und ganz wichtig ist sich selbst nicht ganz zu vergessen, denn bei allen Bedürfnissen der Kinder ist da noch jemand der Bedürfnisse hat, wir Eltern und wenn es nur das Bedürfnis ist einmal 5 Minuten Ruhe zu haben

6 Kommentare:

  1. Moin, ich verstehe deine Aussage, gebe dir im Großen und Ganten recht und möchte noch ein Detail ergänzen, bzw. anführen - die Relation, in der Eltern ihre Kinder als "anders" erleben. Für mich als jemand, der gerne alleine ist, waren gewisse Phasen der Kinder ungeheuer anstrengend, die jemand anders, der weniger Zeit für sich braucht, einfach weggelächelt hätte.
    Oder anders - als meine beiden im Vorschulalter waren, war gerade gefühlt jedes dritte Kind "hochbegabt". Überspitzt formuliert - wenn du als Elternteil gerade mal fehlerfrei bis drei zählen kannst, denkst du natürlich, dass du little Einstein großziehst, wenn ersie bis fünf kommt.
    Andere Eltern, deren Kinder sich vor der Schule selbst das Lesen beigebracht haben, waren deutlich lakonischer "Wieso? Ich selbst konnte das auch. Ist doch nicht ungewöhnlich."

    Es ist immer auch die Frage, wer was sagt - und Eltern sind niemals objektiv, können und müssen es auch nicht sein und sollten sich für weiterführende Diagnosen doch lieber an Menschen wenden, die fachlich fundiertere Untersuchungen durchführen können als z.B. die versammelte facebook-Gemeinde. Und sich gleichzeitig mal n bisschen locker machen :)

    LG und schönen Tag
    Marie

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    1. Ist vielleicht auch eine Disziplin der Mütter-Olympiade.
      Neben "Mein Kind kann das auch (nur besser, früher, schöner)" kommt jetzt "Mein Kind hat das auch, (aber viel, viel schlimmer, extremer, ausgeprägter)"
      Ich finde man darf selbst sein Kind richtig toll finden und besonders, aber niemals erwarten, das andere das tun. Am Ende denken die Kinder das auch und machen sich in RTL2 zum Affen, weil sie wrklich denken sie sind schön, singen toll oder sind suuuuper Schauspieler. ;-)

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  2. Ich glaube, so Trends gab es irgendwie schon immer. Nur wechseln die jetzt tatsächlich immer schneller.
    Finde das auch nur ätzend und stimme dir 100% zu, liebe Martina.
    Ich würde sagen, alle sind Kinder. Und das sollten sie auch sein dürfen. Und jedes Kind ist ein Individuum und hat andere Bedürfnisse. Aber die immer gleich in Schubladen zu stecken, find ich nervig...
    Lg, EsistJuli

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  3. Helikopter-Eltern, High Need Kids... Ich breche immer wenn ich das alles lese, sehe, höre... Schubladen ohne Ende. Dieses perfekte Kind... nach denen sich alle Richtlinien drehen... DAS würde ich ja gerne mal kennen lernen. Klar, manchmal will man für irgendeine komische Aktion vom eigenen Spross eine Erklärung. Warum schläft der denn jetzt schlecht? Warum heult der denn ständig?
    Kinder dürfen einfach keine Kinder mehr sein. Und ich habe ein sehr lebhaftes Exemplar zu hause. Der ist nur am wuseln, blödsinn machen, rennen, rennen, springen... aber he. Der ist eben so lebhaft und kann die Welt nicht schnell genug in sich aufnehmen... ist halt alles spannend. Er hockt dafür zwar nicht ewig inner Ecke und malt/liest... guckt kaum Tv.. aber deswegen ist es kein Grund gleich zu sagen.. "Ey sag mal, hat dein Kind ADHS?" Oder... "Ich hab ja über High need Kinder gelesen... solltest du auch mal machen.". Puh. Leute. Menschen können so anstrengend sein... Kinder sind eben Kinder. Es gibt ruhige, aktive, Scheue, Abenteuerlustige... aber keine Schubladenkinder. Wir brauchen doch keine Erklärungen und Wörter die unser Kind.., wie ich selber finde, diskriminierend einsortieren. Lasst sie doch einfach leben :(

    Ausnahmen bestätigen natürlich die Regeln ;)

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  4. Ich mag Schubladendenken auch nicht. Aber Schubladen helfen enorm beim Suchen!
    Ich habe so ein high need Kind (fast 2 jetzt). Wenn ich an die Babyzeit denke kommen Tränen der Panik in mir hoch. Es ist jetzt viel einfacher, aber ein etwas größeres Event und er muss eine Woche nachts schreien. Bis zu 3h. Urlaub machen wir nicht, da meine Kräfte nicht reichen um das aufzufangen.

    Der Begriff high need war meine Rettung. Ich hatte etwas zu googeln. Ich konnte Austausch finden und fühlte mich nicht mehr völlig inkompetent. Denn high need Babys sieht man nicht auf der Straße. Und wenn marschieren die Eltern zügig an einem vorbei, dass Kind wird sonst wach im Vergleich kommt man sich also ziemlich schlecht und inkompetent vor. Und dann kommen Kommentare wie "Die paar Bedürfnisse, die so ein Baby hat, die kann man ja ganz leicht erfüllen". High need hat mir eine Gruppe geschaffen und dafür bin ich dankbar.

    Das heißt nicht, dass ich ihm das ständig sage oder anderen gegenüber erwähne. Er ist so wie er ist. Ich passe auf, dass es nicht to viel wird (ich bin dann für einige die Helikoptermutter, aber auch da denke ich:Helikopter retten Leben).

    Was ich so ausschweifend sagen will. Stigmatisierung ist natürlich nicht gut, aber Begrifflichkeiten sind wichtig und hilfreich.

    Viele Grüße
    Britta

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