Mittwoch, 10. April 2019

Der Bluttest in der Schwangerschaft auf Trisomien - als Hirnpups



Hirnpupse beinhalten immer meine Gedanken
Sind manchmal provokant oder ironisch,
doch niemals political correct
sondern direkt vom Bauch heraus in die Tastatur,
ohne nochmal drüber nachzudenken


Lange habe ich überlegt, ob ich dazu was schreiben soll.

Och nö, dachte ich, jetzt nicht noch ein weiterer Beitrag zu diesem Thema, sogar Leute die eigentlich gar nichts damit zu tun haben wittern Quote und machen es zu ihrem Thema.
Jetzt habe ich etwas gelesen, was mich aus meiner Schreibblockade raus holt, leider halt ausgerechnet zu diesem ausgelutschten Thema, verzeiht es mir.


Bin ich für oder gegen diesen Test?


Nun, ich glaube viele die gegen diesen Test sind (nicht alle, bevor wieder geschimpft wird), sind gar nicht gegen diesen Test, der wird jetzt nur so als verzweifelter Versuch gesehen etwas ganz anderes zu verhindern, was man nicht verhindern kann. Man ist nicht gegen den Test, der einfach nur etwas feststellt, sondern man ist gegen die Folgen die daraus resultieren, nämlich Selektion von Leben.

Zudem stellt sich auch gar nicht die Frage ob der Test jetzt gemacht werden darf, oder nicht, sondern ob er Kassenleistung wird.

Die die schreien: "Der Test darf nicht Kassenleistung sein!", möchten eigentlich schreien "Babys mit Down Syndrom dürfen nicht so einfach abgetrieben werden"
Das traut sich aber keiner, weil dann kommen sie wieder aus den Ecken, diese Frauen die es gar nicht betrifft und erzählen etwas von Selbstbestimmt.

Ich kann das ja nicht mehr hören und habe vor kurzem bei facebook einen Text verfasst:


"Selbstbestimmt"

Diesen Begriff höre ich ganz oft, wenn es um Abtreibung von Kindern mit Down Syndrom geht
Selbstbestimmt Entscheiden, über den eigenen Körper, nun ja, leider ist in diesem eigenen Körper auch ein weiteres Leben.
Immer wenn ich solche Filme (
Entwicklung eines Babys im Mutterleib) sehe muss ich an die über 90% toter Babys denken - Selbstbestimmt, ich mag das Wort nicht.
Selbstbestimmt?
Die Entscheidung fällt selten die Frau, sondern vorher die Gesellschaft.
Wären Menschen mit Down Syndrom das, was sonst mit seltenen Dingen passiert, nämlich KOSTBAR, dann würden wohl die wenigsten SELBSTBESTIMMT abtreiben, sondern sich über den unsagbar selten Schatz in sich freuen.
Nein, unser Leben ist bestimmt nicht einfacher durch Jolina geworden, und trotzdem besser, schwer zu erklären, ist aber so.
Selbstbestimmt Glück verkackt, Pech gehabt.
Jackpot gewonnen und Los weggeworfen.
Jolina war eine Chance die Richtung zu wechseln und wir haben sie genutzt. Hätte ich vor der Geburt auch nicht geglaubt, die Gesellschaft erzählt eben blöde Geschichten und Frauen fallen darauf herein, natürlich total
SELBSTBESTIMMT

Sollte man nicht entscheiden ob man ein Kind will oder nicht, komplett selbstbestimmt von mir aus, doch eben erst mal Kind ja/nein und wenn man diese Entscheidung getroffen hat, dann darf man von mir aus erfahren ob es Junge ist, oder Mädchen, oder ob das Kind ein Chromosom mehr hat.

Wir sollten bedenken, dass das Down Syndrom, nicht wie andere Trisomien an sich keine lebensbedrohende oder verkürzende Behinderung ist und somit die Argumentation ganz anders aussehen muss, wie bei einer Diagnose, die bedeutet, dass das Kind nicht lebensfähig ist, oder sehr schnell, evtl. unter Qualen sterben wird.

So ein Kind mit Down Syndrom hat Spaß am Leben, evtl.sogar mehr als der übliche Durchschnitt.

Darf ich gegen diesen Bluttest sein?

Na ja.
Ich wünschte er wäre nie erfunden worden, doch ich kann jetzt schlecht mit einem Plakat auf die Straße gehen und um eine Zeitreise bitten um es in der Vergangenheit zu verhindern.
Es gibt den Bluttest und er wird gemacht, Basta, das kann man nicht ändern.
Fortschritt ist oft auch ein Fluch.

Ich bin dagegen, dass ihn jeder bezahlt bekommt, er müsste für nicht Risikopatienten sogar teurer sein, einfach um ein Signal zu setzen, dass man Kinder nicht nach Wunsch produzieren sollte, ja, aber ansonsten ändert er doch nichts.
Er erreicht vielleicht zusätzlich die Patientinnen die Angst vor der Fruchtwasseruntersuchung (FWU) haben, aber die gibt es doch auch schon.

Ja, ich schlimmer Mensch habe bei meinem ersten Kind eine FWU machen lassen.
Mit großer Panik.
13 Jahre bin ich nicht schwanger geworden und dann setze ich mein Kind diesem Risiko aus?

Die Frage war bei mir einfach, ist die Panik höher vor einem Abgang, oder vor der Unwissenheit.

14 Tage habe ich mich mit den Gedanken beschäftigt "Was wäre wenn?"
Bis zur FWU war mein Verhältnis zu meinem Kind da in mir drin sehr distanziert, ich spürte es nicht wirklich und es war schuld, dass mir kotzübel war und mein Rücken vor Schmerzen Opernarien sang.

Doch dann sah ich das kleine "Ding" in mir vor der Nadel zurück zucken, kein Reflex, sicher nicht, vorher machte Louisa noch Rambazamba im Bauch, die glaube ich, damals schon ununterbrochen getanzt hat und als diese Nadel kam, war Schockstarre, dieses Kleine "Ding" war gar kein Ding, es war ein Kind, mein Kind......

Ich hatte solche Panik eine Entscheidung treffen zu müssen, die ich ja dann zum Glück nicht treffen musste, bei Louisa war alles gut.

Hätte ich bei einem simplen Bluttest noch anders über das "Ding" gedacht, das ja eigentlich das kleine Wesen war, das ich mir 13 Jahre lang herbeigesehnt hatte?
Ich war 12 Wochen lang extra distanziert, weil ich Angst hatte, dass was so lange nicht geklappt hat, doch nicht einfach so ohne Probleme zum Happy End führen würde. Ich hatte Angst das Kind zu verlieren und daran zu zerbrechen, wenn es zu früh zu den Sternen reist. Ich untersagte mir, mich zu sehr auf das Kind zu freuen.

Darf ich, die eine FWU hatte, gegen diesen Bluttest sein?
Macht mich meine Entscheidung, zwei mal den Ärzten in der Uniklinik Mainz, beim Termin für die FWU als ich mit Jolina schwanger war, eine Absage hingeknallt zu haben zu einem besseren Mensch?

Hätte ich meine Aussage vor den Ärzten "Ein Kind mit Down Syndrom ist kein Grund für eine Abtreibung!" bei einem Bluttest und der entsprechenden Diagnose nochmal überdacht?
Das sind alles Fragen die ich mir nicht mal selbst beantworten kann.

Jeder soll so ehrlich sein sich einzugestehen, dass man nicht weiß wie man handelt, wenn man in der entsprechenden Situation ist, vielleicht noch mit zusätzlich viel Druck von außen.
Meine Gastautorin, die ihr Kind mit Down Syndrom abgetrieben hat, hätte auch nie gedacht, dass sie diese Entscheidung mal treffen würde.
Es ist einfach eine totale Ausnahmesituation, diese Diagnose und plötzlich soll man allen gerecht werden, seiner Vorstellung, der Gesellschaft und vielleicht sogar dem Ungeborenen.

Ich hatte bei Jolina, trotz ihrem Winken mit dem Zaunpfahl, die Gnade des Nichtwissens, ich wäre durchgedreht und wäre 24/7 damit beschäftigt gewesen Informationen zusammen zu tragen über Dinge die man noch gar nicht wissen kann.
Ich hätte schon die besten Ärzte Deutschlands nennen können um einen Herzfehler zu beheben, den unser Kind dann ja gar nicht hatte.
Aber ich hätte den Bluttest gemacht, ja, hätte ich.
Ich habe die FWU bei Jolina nur nicht gemacht, weil das Risiko des Abgangs um ein vielfaches erhöht war.
So, jetzt ist es raus.

Was ich mit dem Ergebnis dann angefangen hätte steht oben.
Was eine Gnade für mich, dass es diesen verflixten Test noch nicht gab.

Ich finde wir sollten klar ausdrücken was wir wollen und dabei auch aushalten geprügelt zu werden.
Auch zu dem Text oben gibt es schon entsprechende Kommentare (nicht bei mir, bei einer Kopie)

Ein Down Syndrom sollte kein ausreichender Grund für eine Abtreibung sein dürfen, jedenfalls nach der 12. Woche - leider ist der Bluttest früh möglich, doch da darf man sich dann wirklich nicht einmischen.
Was mich stört sind Abtreibungen nach der 12. Woche aus "Gründen"

Diese Gründe gehen von "passt nicht zu unserem Lebensstil" bis "zu teuer"

Für mich ist das Down Syndrom eine Spielart des Lebens wie die Haarfarbe, oder das Geschlecht.
Ich habe schon so viele Ausprägungen des Down Syndroms erlebt, da kann man keine Prognose wagen und ein Kind mit der üblichen Chromosomenanzahl ist auch noch lange keine Garantie für Abitur, Studium und wenig Kummer, oder Kosten.

Vor kurzem gab es einen Bericht im ZDF, zum Glück habe ich keinen bleibenden Schaden vom Augen verdrehen.
Irgendwie ging es die ganze Zeit nur um Kosten.

Um die Kosten für den Test und dann absolut hirnrissig, um die Kosten eines Kindes mit Down Syndrom.

Lieber "Spezialist" der da im ZDF erzählte, Jolina ist in der Unterhaltung durchaus günstiger als Louisa.
Sie kann ihre Kleider gaaaanz lange tragen, weil sie so langsam wächst
Wir bekommen tatsächlich Hilfe vom Sozialstaat, den wir ja haben
Sie braucht viel weniger Schulbücher als Louisa
Wir sparen uns die Kosten für ihren Führerschein
Bei den Öffis und im Museum ist es mir ihr immer günstiger
Studieren wird sie auch nicht, puh ist das Kind so günstig.

Also man kann vielleicht viele Gründe in Erwägung ziehen warum man kein Kind mit Down Syndrom möchte, doch die Kosten/Nutzenrechnung kann man vergessen.
Leute mir könnt ihr nix erzählen, ich musste als Banker oft genug den Cash Flow berechnen und Gewinn oder Verlust sind bei Menschen mit Down Syndrom nichts das man mit Geld und Zahlen messen kann, sondern mit dem herzen.

Also ich finde es einfach verschwendete Energie dafür zu kämpfen ob der Test von der Kasse für Risikopatienten bezahlt wird oder nicht, es gibt diesen Test ja schon und zwar die FWU.

Sollten wir nicht lieber unsere Energie dahinein stecken zu zeigen, dass Menschen mit Down Syndrom eine Chance für die Gesellschaft sind, wenn man sie einfach auch mal machen lässt?

Ich sag ja, ich sehe Jolina schon als Erwachsene im Seniorenheim Freude verbreiten und alte Menschen durch die Gegend scheuchen, okay, Jolina sieht sich wohl eher als Tänzerin auf der Bühne, sagen wir einfach, ALLES IST OFFEN.

Ich kann nicht gegen diesen Test sein, das wäre doch sehr heuchlerisch mit einer erfolgten FWU, ich bin gegen die gängige Beratung der Eltern mit der Diagnose und gegen die Meinung "Das hätte doch nicht sein müssen, so ein Kind"

Ich finde dieses ganze Gerede über diesen Bluttest so unnötig, denn eigentlich ist es nur das vorgeschobene Thema für etwas das man nicht sagen darf, ohne von wütenden Massen verbal gesteinigt zu werden.

Zu diesem Schluss bin ich aber auch erst mit der Zeit gekommen, denn am Anfang war ich auch aktiv und habe die Petition geteilt und und und...., doch manchmal muss man einfach hinterfragen was man wirklich will und was man mit dem, das man fordert überhaupt erreichen kann.

Abtreibung von ungeborenem Leben mit Down Syndrom ist für mich vorgezogene Euthanasie und gesellschaftlich tolerierte und befürwortete Selektion.
Das Denken der Idioten des Dritten Reiches ist leider immer noch in den Köpfen der Menschen.
Diese Form von Abtreibung hat nichts, aber auch gar nichts mit dem zu tun wofür Frauen vor 50 Jahren auf die Straße gingen, diese Frauen hätten nie gedacht, was mal daraus wird in einer Wegwerfgesellschaft, die auch vor Kindern nicht halt macht.

Die einen sind für die Rettung von Gemüse, das nicht schön genug für das Supermarktregal ist und ich bin für die Rettung von Kindern, die nicht in das perfekte Familienidyll passen.
Ich habe übrigens eine Bekannte die genau das tut, also Gemüse retten und genau diese Frau haut mir jedesmal "Selbstbestimmt!" um die Ohren, wenn ich nur den Mund aufmache und versuche zu erklären, warum Abtreibung von Kindern mit Down Syndrom einfach anders zu werten ist.
Manchmal ist eine krumme Gurke, oder eine gerade Banane wohl wertvoller, obwohl der Supermarkt die komplett selbstbestimmt in die Tonne gekloppt hat, dabei schmeckt ne hässliche Gurke genau so lecker wie ne Schöne.... (merkt ihr was?)

Und viele denken sicher erleichtert, dass Jolina sicher ganz toll ist, doch zum Glück nicht ihr Kind.
Im Gegenzug geht es mir aber ähnlich, es gibt auch viele Kinder, bei denen bin ich heilfroh, dass es nicht meine sind, deren Macken hätte man aber gar nicht testen können.....

1 Kommentar:

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