Montag, 18. September 2017

Verhalten von Menschen mit Down Syndrom

Wenn es eines nicht gibt, dann "Typisches Verhalten von Menschen mit Down Syndrom"
Genau so wenig wie es typisches Verhalten von Menschen ohne Down Syndrom gibt.

Ich höre immer wieder "Das sind ja sooooo liebe Kinder!" wichtig ist das "so" dabei ins unendlich zu dehnen, um sie noch lieber zu machen. Auch höre ich "Das sind ja ganz herzliche Menschen."
Ich höre es immer wieder, weil das so viele denken.
Ich glaube ein Begriff beschreibt Menschen mit Down Syndrom viel besser als jeder andere, sie sind "echt" oder wie man so gerne sagt "authentisch"



Ich liebe diese Bilder von Conny Wenk, die sie vor Jahren von den Mädels geschossen hat.
Eigentlich sollten beide mit den Prinzessinnenkleidern auf der Treppe hoch zum Schloß Solitude sitzen. Und Jolina zeigt genau das was Eltern so tierisch auf den Geist geht und das mich trotzdem auch irgendwie happy macht.

Wer denkt zwischen Schwestern bei denen eine das Down Syndrom hat gäbe es keinen Zickenkrieg, weil die eine ja soooo lieb ist, der irrt sich und zwar gewaltig.
Danke liebe Conny, du hast den Beweis auf ewig gebannt und das Bild hängt zu Louisas Leidwesen als Leinwand bei uns und den Großeltern, weil es einfach so wunderbar aus dem Leben gegriffen ist und Jolina eben nicht so lieb, sondern hier die Zicke und die Diva ist, die alleine aufs Bild wollte und das schon mit 2 Jahren, glaubt bitte nicht, dass sich das ausgewachsen hätte.


Natürlich kann Jolina mit ihrer Art Herzen öffnen, wenn sie lacht, dann aus ganz tief drinnen und wenn sie jemanden mag, dann zeigt sie das.

Wenn Jolina traurig ist, dann zeigt sie das genau so und manchmal weint sie so lange und wütet, dass sie sicher gar nicht mehr weiß, warum sie das tut.
Oft muss sich die Situation ändern und wenn das nicht geht, ist sie in ihren Gefühlen gefangen.
Da hatte ich auch schon mal 2 Stunden ein heulendes Kind hier sitzen, das beim Eintreffen des Papas wieder aus vollem Herzen lachen konnte.
Ich musste lernen damit klar zu kommen, und dass das nichts mit mir zu tun hat, dass ich sie da nicht raus holen kann.



Ich weiß auch nicht was Menschen mit Down Syndrom so empfinden, doch davon müsste es mehr geben in der Welt. Dinge könnten viel einfacher sein, gerade aus, doch oft auch kompromisslos.
Ein bereits eingeschrittener Weg ist schwer zu unterbrechen oder zu ändern.

Dies ist auch der Grund, warum Menschen mit Down Syndrom zB keinen Führerschein machen sollten. Das Problem sind wir, wir die wir uns nicht an Regeln halten und Dinge tun, die man nicht vorher sehen kann.
Es ist kein Problem für sie ein Auto zu lenken, vielleicht dauert es etwas länger, doch es ist machbar, auch die Regeln können sie lernen und auch befolgen und würden wir uns immer an die Regeln halten wäre es wirklich keine große Sache.
Doch wenn jetzt ein Fußgänger bei rot über die Ampel läuft gibt es Chaos im Kopf. Das darf man nicht, ich darf doch hier fahren, das geht doch nicht, das ist nicht der Plan, was mach ich jetzt?
Die Folgen können wir uns ausrechnen.



Wer einiges über die Denkweise von Menschen mit Down Syndrom erforscht hat ist Andre Frank Zimpel, ich habe hier bereits über ihn und sein Buch berichtet.

"Menschen mit Down-Syndrom verhalten sich häufig „anders". Ihre Entwicklung und ihr Verhalten zeigen meist mehr Abweichungen von der „Normalität" als uns manchmal lieb ist. Nun ist Verhalten aber immer eine Form der Kommunikation, es hat immer einen Grund, vor allem wenn die Person ein eingeschränktes Ausdrucksvermögen hat. Wir müssen uns deshalb in erster Linie fragen, was die Person mitteilen will. Eine ganze Reihe von Vorträgen befasste sich mit Ursachen und Auslöser für „typisches Verhalten". Eine bessere Analyse bei unerwünschtem Verhalten soll helfen, schwierige Situationen zu vermeiden (Situation vor dem Verhalten – Auslöser - unerwünschtes Verhalten - Wie verhält sich der Erzieher – Schlussfolgerung - durch rechtzeitige Anpassung der Situation künftig unerwünschtes Verhalten vermeiden). Dabei soll auch verstärkt auf Visualisierung oder die Festlegung von Abläufen und Zeitplänen gesetzt werden. Zeigt eine Person mit Down-Syndrom unerwünschtes Verhalten, hilft es ihr mehr über Bilder (oder über schriftliche Regeln) zu vermitteln, was sie künftig unterlassen soll. Wünscht man ein bestimmtes Verhalten, z. B. Hände Waschen vor dem Essen usw., braucht man es nur auf den Tagesplan zu setzen. Meist wird es dann wie selbstverständlich akzeptiert und viele Menschen mit Down-Syndrom halten sich dann auch ganz genau an den festgelegten Ablauf." Quelle Down Syndrom Köln


Was wir auf keinen Fall tun sollten, ist schlechtes Benehmen tolerieren, "nur" weil das Gegenüber behindert ist, auch das ist Inklusion.

Schwierig ist auch ein unerwünschtes Verhalten wieder zu ändern.
Wenn ein Kind zB unter dem Tisch sitzt und die Klasse lacht ist dies ein positiver Verstärker, allerdings wird das Kind immer noch unter dem Tisch sitzen, wenn die Klasse längst nicht mehr lacht und nur noch genervt ist, doch dies wieder umzukehren, puh, das ist richtig Arbeit.

Klar, es ist manchmal eine Herausforderung mit Menschen wie Jolina, doch am Ende überwiegen die guten Momente in denen sie sooo lieb ist.

2 Kommentare:

  1. Das sind wunderschöne Fotos! Mein Sohn hält sich übrigens auch nicht immer an die Regeln und macht oft den Kasper im Kindergarten, wenn ihm langweilig wird. Dabei eckt er leider auch öfter mal an. Aber dafür lieben ihn die anderen Kinder. Ist also auch ein Phänomen von Kindern generell. Und je älter sie werden, desto mehr müssen sie sich anpassen. Leider.
    LG Steffi

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  2. Liebe Martina,
    du triffst es auf den Punkt, was du schreibst. Ich habe auch so ein 3-jähriges weibliches Exemplar mit Sonderausstattung samt 6-jähriger Schwester zu Hause.
    Normalerweise bin ich eher stille Leserin, aber ich dachte ich geb auch mal meinen Senf dazu.
    Übrigens das Buch von Conny Wenk "Außergewöhnlich" hab ich damals im Krankenhaus nach der Geburt meiner Tochter zum Lesen bekommen, als wir nach der Geburt von der Diagnose Down-Syndrom überrascht wurden. Es hat so geholfen in den ersten Tagen die tollen Bilder mit den wundervollen Kindern und die Geschichten zu lesen.
    Liebe Grüße
    Petra

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