Mittwoch, 16. November 2016

Ich bin eine gute/schlechte Mutter

Ja was denn jetzt?


Ich finde ich mache es genau richtig, es mag aber auch andere geben, die meine Art der Erziehung für grundverkehrt halten.
Wobei ich mir jetzt mal selbst auf die Schulter klopfe ist, dass ich niemals behaupte, dass es ein richtig oder falsch gibt.
Obwohl, falsch ist alles womit man sich selbst gar nicht wohl fühlt und man es nur tut, weil andere behaupten, dass dies die einzig richtige Art und Weise sei.

Ich hab ja schon ein paar Jährchen auf dem Buckel und auch wenn ich selbst lange keine Kinder hatte, habe ich viele "Regeln" mit bekommen die es für bestimmte Zeitzonen der Kindererziehung gab. Immer war nur "das" eine richtig und alles andere falsch.



Ich habe Mütter gesehen, die ihre Babys immer auf den Bauch drehten, weil man das so machen muss.
Ich habe Mütter gesehen, die ihre Babys auf die Seite gebettet haben, unterstützt von Handtuchrollen, damit sie sich nicht wieder auf den Rücken drehen, weil man das so machen muss.
Ich war eine Mutter, die ihr Baby immer auf den Rücken gedreht hat, weil man das so machen muss.

Mein Baby hat aber gedacht, dass es das total blöd findet und hat sich immer auf seine Schokoladenseite gedreht und ich bin vor lauter Angst vor dem plötzlichen Kindstod fast verrückt geworden und habe mein Kind immer wieder auf den Rücken gedreht.

Merkt ihr was?
Es gibt für jeden ein anderes richtig und wenn die Begründungen noch so plausibel sind, passt es einfach nicht immer.

Gestern ist was passiert, da würden viele sagen: "Das kannst Du doch nicht machen!" Ich persönlich finde ich habe total richtig gehandelt, mit leichtem Bauchweh schon, aber mit einer guten Prognose für die Zukunft.

Louisa (10, - 5. Klasse) hat Dienstags Sport. Wir sagen seit dem Sommer. "Richte bitte deine Schultasche und alles was du brauchst am Tag vorher."
Ich muss dazu sagen, dass Louisa sehr teenagermäßig inzwischen morgens so gar nicht in die Pötte kommt (ich übrigens auch nicht, aber ich muss halt), kaum zu glauben, dass das selbe Kind mich vor 8 Jahren jeden Morgen um 5:00h aus dem Bett geworfen hat.

Wenn ich sie frage: "Hast Du ... dabei?" oder "Hast du das gemacht" bekomme ich oft zur Antwort, sie sei ja wohl nicht blöd, oder schon groß. So was in der Art.

Gestern also, Louisa ist gerade ne halbe Stunde aus dem Haus, überlege ich, ob das Kind einen Turnbeutel in der Hand hatte?


Nein, natürlich war er noch in ihrem Zimmer im Regal wo er hingehört, eben nur nicht am Dienstag, da sollte er eben in der Schule sein.

Ich war kurz hin und her gerissen. Bekommt sie jetzt Ärger, weil sie den nicht dabei hat? Es wäre noch genug Zeit das Teil rein zu bringen, Sport ist erst in den beiden letzten Stunden.
Nein! Es ist "nur" ein Turnbeutel, ich werde mich nicht ins Auto setzen und das Teil übergeben nur weil meine Tochter selbst nicht daran denkt.

Ich muss dazu sagen, ich bekam auch schon um 7:43, 2 Minuten vor Unterrichtsbeginn, einen panischen Anruf "Mama ich habe mein Deutschheft vergessen, es ist wichtig". Da bin ich dann ins Auto gehüpft, durchs Schulgebäude geschlichen und war heilfroh, dass meine Tochter ganz hinten sitzt und ich relativ unauffällig von hinten durch die Tür mit dem Heft winken konnte.
Aber ein Turnbeutel ist kein Deutschheft, das man auch noch für einen Test braucht.

Wenn ich ihre Fehler oder Versäumnisse immer wieder ausbügele, wird sie es nie lernen, dann ist ja immer jemand da, der sie auffängt und es erfolgt kein Lernprozess.
Aus Fehlern lernt man meist am besten. Leider durfte sie in Jeans und auf Strümpfen beim Sport mitmachen und es war gar nicht schlimm, schade eigentlich, denn nun hat sie gelernt, dass es keine Folgen hat, wenn man etwas vergisst.

Ich sehe immer häufig erwachsene Menschen die total unselbständig sind und noch schlimmer, keinerlei Verantwortung für das eigene Handeln übernehmen. Immer hat jemand die Schuld.
Es gäbe jetzt Kinder die der Mutter die Schuld geben, weil sie hat ja am Morgen nicht nochmal an den Turnbeutel erinnert.

Es ist modern geworden unseren Kindern eine perfekte, glückliche Kindheit zu bereiten. Immer dreht sich alles nur ums Kind.
Gerade gestern habe ich irgendwo gelesen wie schrecklich das wäre einem Kind den Mund zu verbieten, wo es sich doch auch mitteilen möchte.
Ja, alles zu seiner Zeit, aber auch abwarten lernen ist wichtig. Wir ziehen kleine Egoisten heran und das hat nichts mit glücklich sein zu tun. Klar ist das mal unangenehm nicht gerade seinen Willen zu bekommen, doch es macht eine Kindheit nicht unglücklich und sicher keine depressiven Erwachsene.

Wenn ich nicht schon als Kind lerne, dass ich nicht der Nabel der Welt bin, dann falle ich später mal nicht in ein so tiefes Loch.

Vielen Eltern fällt es schwer rechtzeitig los zu lassen, nehmen Stellvertreterrollen bei dem Kind ein.
Kinder haben und erziehen ist auch ganz viel aushalten müssen. Das fängt schon von ganz klein an.

2 Minimenschen im Sandkasten, eins nimmt dem anderen die Schaufel weg, schon sprintet die Mutter los "Mein xY will das nicht!" xY wird in dem Moment lernen, Mama regelt das.
Die Frage ist aber, will xY vielleicht sogar teilen, oder hätte xY gerade dazu angesetzt sich mit Bestimmtheit die Schaufel wieder zurück zu nehmen.
Schon ganz früh müssen Kinder lernen Verantwortung für sich zu übernehmen, evtl. mit Unterstützung am Anfang, doch erst muss man ein bisschen aushalten und beobachten, auch wenn das Mutterherz weint.

.... ich musste gerade das Schreiben unterbrechen, weil ne Whats App von der Tochter kam, sie hat nen recht wichtigen Zettel für den Elternsprechtag vergessen, grrrrrr.
Wir arbeiten noch ein bisschen weiter an der Selbständigkeit und ich hoffe bis sie auszieht kann sie auf eigenen Füßen stehen, ohne dass ich mir Sorgen machen muss, obwohl.... Sorgen macht man sich wohl immer um seine Kinder, ich gehe mit Riesenschritten auf die nächste Null im Alter zu und meine Mutter sorgt sich immer noch um mich.

Ich gehe meinen Weg, das musste ich auch erst lernen, doch ich erziehe aus dem Bauch heraus und mit Blick auf die Zukunft. Nicht nach dem was andere sagen oder denken, es muss zu uns passen, zu meinem Kind und mir, dem Kind das gegen alle Regeln auf der Seite liegen wollte und nicht auf dem Rücken.

Ich glaube ich muss Euch demnächst unbedingt mal meine Geschichte vom Stillen erzählen und wie ich mich verrückt gemacht habe, weil ich für meine Kinder nur das Beste wollte und selbst dabei fast am Rande des Nervenzusammenbruchs war, nur weil jeder sagte "Das macht man so, weil....."
Aber das ist eine große andere Geschichte.

Mein Rat ist, hört auf Euren Bauch, hört auch auf Euren Verstand, aber lasst Euch nicht von anderen zu Dingen drängen die euch nicht entsprechen, oder die euch selbst unglücklich machen, weil ihr euch für ein Ideal verbiegt, das eigentlich gar nicht eures ist.

Macht euch selbst nicht unglücklich weil jemand sagt Kinder müssen IMMER glücklich sein, wer ist das schon? Dann macht doch glücklich sein gar keinen Spaß mehr, wenn das Dauerzustand ist.

7 Kommentare:

  1. Liebe Martina,
    Du hast sooo Recht! Leider verlieren wir immer mehr unser Bauchgefühl und den gesunden Menschenverstand! BLEIB bitte weiterhin ehrlich zu Dir selbst, ich glaube es ist der beste Weg, wenn auch nicht unbedingt der einfachste.
    Und auch mein Sohn musste leider letzte Woche im Sportunterricht auf der Bank sitzen und durfte zum Glück nur beim letzten Spiel mitmachen;)
    Liebe Grüße
    Nicole

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  2. Gute Mutti!!!

    Und gestern habe ich einen ähnlichen Kommentar gehört: Elternschaft soll doch immer Spaß machen!!!

    Ich dachte nur: NEIN!!! Denn wenn es immer Spaß macht, ist was falsch. Kindern muss auch mal was verboten werden/ nicht jeder Wunsch erfüllt werden und dass macht dann irgendwann auch mal keinen Spaß. Ist so, heißt bei mir Erziehung.

    LG Anja

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  3. ...in der 5 Klasse sollte man wirklich keinen Turnbeutel mehr hinterher fahren ;-)
    Ich war aber gestern auch sehr unschlüssig... Joshua mit viel Stress endlich aus dem Haus und seine glutenfreie Brezel lag noch auf dem Toaster (wo ich sie vergessen habe ;-) ... die Lehrerin geht zu der Zeit nicht mehr ans Handy und ich habe mir doch über eine Stunde überlegt ob ich jetzt noch die Brezel hinterher fahre und es dann nicht gemacht in der Hoffnung das er nicht bis zum Mittag verhungert ;-) ... zum Vesper gab es dann glutenfreie Kekse von der Lehrerin und er hat die Brezel sicher nicht vermisst ;-)
    Liebe Grüße Christine

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  4. Das ist wieder ein ganz schöner und treffender Post von Dir!!!!! Danke!

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  5. DANKE!!
    Bin zwar selber (noch) keine Mama, aber Lehrerin.
    Ich frage mich immer wie die Kinder mit Mitte 20 ohne Mutti oder Lehrer überleben wollen.
    Es wird jeder Pups vorgekaut.
    Ich merke auch dass ich oft etwas abnehmen bzw. vereinfacht vorbereite, weil es einfacher/schneller ist.
    Oft hilft es aber sich nur 2 Min Zweit zu nehmen und zu sagen "Denk mal drüber nach"
    :)

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  6. Ein toller Beitrag! In der Tat hat jedes Thema immer zwei Seiten einer Medaille. Auf der einen Seite ist es gut, wenn unsere Kinder lernen, dass man ihnen auch mal einen Gefallen tut, aber es kann nicht sein, dass wir ihnen immer ihre eigenen Vergesslichkeiten ausbügeln und wir ihnen dementsprechend nach und nach abgewöhnen, Verantwortung zu übernehmen. Das Spannende dabei finde ich immer, dass Kinder ja im sehr frühen Alter die Verantwortung haben möchten ('leine machen) und dass wir es ihnen verbieten und dementsprechend nach und nach abgewöhnen. Wir sagen ihnen: "Du bist zu klein", "das kannst Du noch nicht", "das ist zu gefährlich...". Wie schön wäre es, wenn wir unseren Kindern dieses ursprüngliche Gefühl des "Alleine machens" bewahren könnten! Es bleibt spannend mit Kindern! Danke!

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    1. Hast schön gesagt. Ich überlege gerade ob unsere Große die "leine machen" Phase hatte. Ich glaube da liegt auch einiges in den Genen, grrr, sie hat es sich schon immer einfach gemacht. Unsere Kleine mit Down Syndrom ist viel selbständiger und lebenstauglicher weil sie "leine machen" wollte und auch durfte. Die Große mussten wir schon immer zwingen zu diesem Alltagskram der nichts mit künstlerisch ausleben oder Bewegung zu tun hatte. :-/

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