Dienstag, 14. Februar 2017

Erfahrungen und Vertrauen machen stark und klug

Ich erziehe meine Kinder ähnlich wie ich erzogen wurde. Das mag ein Auslaufmodell sein, weil ich Jahrgang 1968 bin (jetzt ist es raus, Mist)

Doch ich habe es meinen Eltern schon oft gesagt: "Ihr habt alles richtig gemacht"
Meine Mutter denkt dann an bestimmte Punkte, die sie vielleicht hätte besser machen können, aber ich sehe das gar nicht so, denn aus mir ist ein toller Mensch geworden.

Oh nein, klingt das eingebildet, haha.
Ein Punkt den meine Eltern perfekt gemacht haben und den ich auch durchziehe ist Vertrauen.
Dies ist das aller, aller wichtigste bei uns.
Meine Kinder können mir 100% vertrauen und das gleiche erwarte ich umgekehrt.



Dieses Vertrauen fängt schon ganz früh an.
Ich habe meine Kinder nie belogen, auch nicht zu ihrem vermeintlichen Schutz, oder weil es gerade mega bequem war.

Ich vergesse nicht, als ich vor vielen Jahren, als Louisa ca. 2 Jahre alt war mit einer Bekannten und ihrem Kind im Auto unterwegs war. Die Kinder nervten, weil sie nach einem Spaziergang müde waren, kommt vor, ich würde fast behaupten, das ist total normal.

Diese Bekannte sagte plötzlich: "Schaut mal, da drüben sind Rehe, wenn ihr leise seid, dann seht ihr sie."
Da waren keine Rehe. Warum verkauft man Kinder für dumm?
Entweder sind die Kinder gefrustet, weil sie die Rehe nicht sehen, die Erwachsenen aber wohl schon. Wenn die Kinder das Spiel schon kennen und durchschauen, man sollte nie kleine Kinder unterschätzen, dann wissen sie, dass sie bewusst angelogen werden.
Es prägt sich ein: "Wenn Mama mir was erzählt stimmt das eh nicht, also mache ich es einfach genau so."


Heute ist Valentinstag und Louisa hat gestern mit meiner Hilfe für einen Jungen den sie mag einen kleinen Kuchen gebacken.
Eine Schulfreundin war erstaunt, weil ich ihr dabei geholfen habe und weiß, dass sie diesen Jungen toll findet,
Ihre Eltern dürften sowas nicht wissen.
Ich frage mich warum?
Wenn ich es nicht weiß, findet Louisa diesen Jungen ja immer noch toll, es ändert doch nichts an der Tatsache und ich kann meinem Kind doch nicht verbieten jemanden zu mögen.


Wenn sie jetzt mit 10 schon Angst hätte mit mir darüber zu reden, was wird das dann mit 13 oder 14, wenn dann wirklich die erste Liebe kommt?
Meine Erfahrung, die schon weit zurückreicht, wie man am obigen Datum sieht, hat mich gelehrt, dass die Mädels, die von zu Hause nichts durften, es immer am schlimmsten getrieben haben.
Ich ging mit ein bisschen Kajal aus dem Haus, andere standen dann auf dem Schulklo und legten Kriegsbemalung auf, evtl. war das der Reiz des Verbotenen.


Das Mädel, das in meinem Jahrgang noch vor dem Abi ein Kind hatte, war die, die eigentlich keinen Freund haben durfte. Da hätten die Eltern mal lieber mit ihr über Verhütung gesprochen anstatt das Thema zu verbieten.
Aber wie schon gesagt, man muss rechtzeitig anfangen dieses Vertrauensverhältnis auf zu bauen. Kinder haben ganz feine Antennen und sie spüren wenn man schwindelt und wenn es nur zum vermeintlichen Schutz ist.
"Meine Eltern waren mit meinem Hund beim Tierarzt und der fand ihn so toll, dass er ihn behalten hat" ääähhhh? What?
Als ich meine Tochter fragte ob sie die Geschichte der Freundin glaubt meinte sie: "nö", dann fragte ich sie ob ihre Freundin die Geschichte glaubt und erklärte meiner Tochter was wohl wirklich passiert ist.



Kurz vor Weihnachten starb unser Vogel, natürlich habe ich Jolina versucht daran zu erklären was sterben und Tod ist. Immer wieder fragte sie wo Sidi ist und immer wieder erklärte ich, dass wir ihn im Garten begraben haben, dass er eingeschlafen ist und nie, nie, nie wieder wach wird.

Ich war 4 als meine Urgroßmutter starb. Beim letzten Blick auf sie muss ich gesagt haben: "Sie sieht aus wie eine wunderschöne, schlafende Puppe."
Kinder haben eine anderen Blick auf die Welt und es ist wichtig, dass man sie diese Welt erforschen lässt und damit kommen wir zum zweiten wichtigen Punkt meiner Erziehung: "Erfahrung"


Einer meiner Lieblingsfilme ist "Stadt der Engel", was hab ich im Kino Rotz und Wasser geheult damals und wenn ich ihn heute sehe immer noch.
Der Engel muss nicht essen, hat keine Gefühle, kennt weder Kälte oder Hitze, noch den Geschmack der Dinge, er ist neugierig darauf und fragt wie eine Birne schmeckt. "Wie eine Birne" als Antwort befriedigt ihn nicht, "ich möchte wissen wie sie für dich schmeckt", fragt er.
Doch erst als er sich entscheidet zum Mensch zu werden weiß er wirklich wie eine Birne schmeckt.

So ist das mit den Erfahrungen die unsere Kinder machen müssen. Es nützt ihnen nichts wenn wir ihnen erzählen wie die Welt funktioniert, sie müssen sie mit ihren eigenen Sinnen erfahren.


Dies ist immer eine schmale Gratwanderung von überbehüten und nachlässig sein. Manchmal ist es aber auch einfacher für uns, wenn wir den Kindern verbieten Erfahrungen zu machen.
Indem wir jeden Schritt kontrollieren oder abnehmen nehmen wir ihnen ganz viele Möglichkeiten.
Die heutige Welt hat nicht mehr so viel Platz für Kinder wie früher, das stimmt, doch es gibt Nischen, die muss man nur finden.


Louisa wollte beim Schuhkauf in Franken unbedingt ein paar Stiefel mit Absatz. Ich habe ihr erzählt, dass die sicher nicht bequem sind und das übliche MamaBlaBla, Louisa meinte sie würde ja schon seit sie 3 ist Ballett tanzen und ihre Füße ja an so was gewöhnt seien. Das übliche TochterBlaBla.

Gut, die Schuhe waren extrem runter gesetzt und man gibt so oft unnötig Geld aus, das war mir die Lektion wert, nun ja, ich hatte auch so ein kleines teuflisches Lächeln im Gesicht als ich meinte "Du bekommst die Stiefel, aber du wirst es sehen."
Bereits im Auto zog das Mädel die Schuhe mit dem 10 cm Absatz an und lief auch wirklich gut darin, als trüge sie immer solche Absätze. (GNTM hat wohl doch Schäden hinterlassen)
Am Abend jammerte sie schon etwas, trug aber auch am nächsten Tag mit Zähne zusammengebissen diese Schuhe.
"Ohhh Mama, mir tun die Füße so weh, das kannst du dir nicht vorstellen."
"Doch kann ich, ich hatte früher immer hohe Schuhe an"
"Ich habs nicht geglaubt, dass das so heftig ist."
Manche Erfahrungen muss man einfach selbst machen um es auch zu begreifen, sei es noch so logisch oder schmerzhaft.


Ich bin mir ganz sicher, dass ich in den nächsten Jahren, wenn sie zum Teenager reift noch ganz oft über meinen Schatten springen muss, damit sie Erfahrungen machen kann, oder ihre Hand unauffällig dabei halten, damit sie nicht ins Wanken gerät auf ihren eigenen Wegen.
Ich habe schon vor über 10 Jahren damit begonnen mein Kind zu einem eigenständigen, selbst denkenden Wesen zu erziehen. Sie durfte Kind sein und Grenzen erfahren und austesten. Sie machte die Erfahrung, dass es Menschen gibt, die Regeln aufstellen und andere die diese Regeln einhalten müssen, meist haben diese Regeln gute Gründe, die man dann erfährt, wenn man die Regeln nicht einhält.
Sie hat gelernt, dass es Leute gibt die es einfach besser wissen und einem etwas vorschreiben, nicht weil sie schlecht drauf sind, sondern weil es Sinn  macht oder einen sogar schützt.
Um das zu lernen gehört aber wieder das Vertrauen dazu.
Meine Eltern lieben mich auch wenn ich Mist baue, aber schimpfen werden sie trotzdem, das gehört zum lieb haben auch dazu, alles andere wäre Gleichgültigkeit.
Regeln können nicht ausdiskutiert werden, man kann sie brechen, muss dann aber die Konsequenzen tragen.
(Keiner hat gesagt, dass Kindererziehung ein Kinderspiel ist, auch eine erfahrung, die man machen muss)


Ich ermögliche meinen Kindern so viel ich kann und ich verwöhne sie sicher manchmal ein bisschen, doch auf der anderen Seite packe ich sie nicht in Watte und gewähre ihnen den Blick auf die Welt wie sie wirklich ist, ganz ohne Einhörner die glitzernde Regenbögen pupsen. Die Welt ist voller Enttäuschungen, Lügen, Verrat, Trauer, Hindernisse und als Gegengewicht gibt es Freude, Vertrauen, Glück.


E-Book: Henry* von rosarosa
Stoffe: Sweat Sterne und brauner Jersey Seastars beides von AfS*
genähte Größe:146
Model: Louisa
Fotos: JoLou

13 Kommentare:

  1. Ich bin ganz deiner Meinung und versuche meine Kinder auch so zu erziehen.
    Unser Leon ist inzwischen schon Mitten in der Pubertät und toll reflektiert. Unser Verhältnis ist sehr eng und voller Vertrauen, dafür bin ich unglaublich dankbar.
    Vor 1,5 Jahren kam das erste Mal ein Mädchen ins Spiel ;-) Zum Glück nur Händchen halten und darüber reden, dass man sich irgendwann man küssen wird. Jeden Abend wurde lange telefoniert und, wie ich es vorher gesagt hatte, wurde die Sache nach gut 14 Tagen anstrengend und nervig, denn das Mädel wollte gerne 24 Std ungeteilte Aufmerksamkeit, Leon aber lieber mal wieder einen Nachmittag Lego spielen oder Wii zocken mit seinem besten Freund. Gerne hätte er es mir überlassen, seine Angebetete zu vergraulen aber er musste direkt eine wichtige Lektion lernen *Schluss machen* muss man selbst tun. Danach meinte er *Mama, das nächste Mal überlege ich 2 Mal, ob ich eine Freundin möchte und ob sie die Richtige sein könnte!* Bisher hatten wir noch keine Nachfolgerin aber es gibt da dieses eine Mädel, die findet unseren Junior *knuffig* ... mal sehen, was noch passiert ;-)
    Ich habe euch ja bisher nur einen Nachmittag kennenlernen dürfen, fand aber sofort, dass ihr alle tolle Menschen seid und ich mag euch sehr.

    Liebste Grüße *Frini*
    und sorry für den halben Roman, ich kann mich einfach so schlecht kurz fassen ;-)

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    1. Ich liebe Romane <3
      Ja, die Chemie stimmt, das hab ich auch an dem Nachmittag fest gestellt und den junior ja auch kennen lernen dürfen. Louisa und ihr ... schicken sich Whats Apps, aber ich glaube immer nur kurze. Ich bin gespannt wie es weiter geht ;-)

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  2. Ich bin ganz bei dir! Gestern hatte ich erst dieses Gespräch: "Wenn er immer da an der Schublade spielt, klemmt er sich noch die Finger. Nimm ihn weg." Ich:"Wenn er sich klemmt, hat er was gelernt. Und er hat jetzt Spaß da am ausräumen, also unterbreche ich ihn nicht." Ergab beim Gegenüber ein langes Gesicht. Natürlich passe ich auf, dass nichts ernstes passiert. Aber... die Birne eben!
    Liebe Grüße Simona

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    1. Eben :-)
      ...und es kommt dann ja auch immer darauf an was in der Schublade drin ist, die Welt ist viel zu spannend um sie nicht entdecken zu dürfen, solange es nicht die Schublade mit den mega scharfen Messern ist

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  3. Einfach wahre Worte, die du da sagst. Ich hoffe, dass ich das auch irgendwann mit meinen Kindern (die es bisher noch gar nicht gibt) hinbekomme, sie mir so vertrauen und trotzdem selbstständig sein werden

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  4. Das klingt, als würdest du das ganz wunderbar machen. Ich hoffe, dass ich irgendwann auch mal meine Kinder so erziehen kann! Vertrauen ist so wichtig und gibt so viel Halt und Sicherheit. Zu wissen, dass man eine Basis hat, zu der man immer zurückkehren kann, egal, wie weit man sich mit den Jahren entfernt, ist ein wahres Geschenk. :-)

    Lieber Gruß
    Steffi

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    1. Oh ja, meine Mutter ist immer noch meine Vertraute, meine Freundin, das beste das mir passieren konnte und ich wollte ich wäre mehr für sie da. Wir sind auch nach wie vor ehrlich zueinander, was so wichtig ist, nur, sie müsste mir nicht ständig unter die Nase reiben, dass ich zugenommen habe, hahaha, das tut meine waage schon ständig

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  5. Ich bin da ganz bei dir. Kindern zu erzählen, die Babies bringt der Storch oder so ein Scheiss, da kriege ich graue Haare.

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  6. Habt ihr euren Kindern auch von Anfang an erzählt, dass es das Christkind oder den Nikolaus gar nicht gibt?

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    1. Das ist so ne Sache. Louisa hat einen sehr wachen Verstand und sie hat sehr früh zu mir gesagt: "Das Christkind bist doch du?" und natürlich habe ich ihr gesagt dass das so ist. Der Zauber verfliegt eh sehr schnell wenn die Schwiegermutter vor den Kindern fragt ob ich die Geschenke dabei habe oder sagt sie hätte keine Ostereier versteckt, weil es ja regnet.....
      Aber ich wusste, dass jemand kommt und das fragt um zu hinterfragen ob wir nie lügen.
      Es gibt aber einen Unterschied zwischen Lügen, nicht ehrlich sein und der magischen Welt der Phantasie, die man ruhig die Kinder ausleben lassen darf.
      Mit den Kindern die Monster unterm Bett zu jagen bringt oft mehr als zu sagen, dass es die nicht gibt. Natürlich muss man dann trotzdem sagen, dass man sich sicher ist, dass es die nicht gibt, aber zur absoluten Sicherheit macht man mal einen Monsterwegzauber.

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